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Vielfalt im Sport

| Allgemein (Sportjugend)

Das Sport- und Tagungszentrum Hachen war am Wochenende traditionell Schauplatz der Jahrestagung der Sportjugend NRW. Dort behandelten die rund 200 Teilnehmenden das Thema „Vielfalt im Sport“ in zahlreichen Facetten.

„Vielfalt ist für junge Menschen, die in NRW aufwachsen, gesellschaftliche Realität. Und für uns als größter Jugendverband ein zentrales Thema“, nennt Jens Wortmann, der neue Vorsitzende der Sportjugend, einen der Gründe für das Tagungsthema. Die überwiegend jungen Menschen aus Bünden und Verbänden nutzten die Jahrestagung als produktiven Austausch zwischen Expertinnen und Experten, um Veränderungsprozesse im gesamten Verbundsystem in den Blick zu nehmen.

Zentrale Fragen waren: Wie kann es den Jugenden in den Bünden und Verbänden gelingen,

  • dass Vielfalt stärker in die Arbeit der Sportvereine vor Ort einfließt?
  • ein Umfeld zu schaffen, das frei von Vorurteilen ist?
  • dass Wertschätzung erfahren werden kann – unabhängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion, Weltanschauung, Alter, sexueller Orientierung, Bildung, Identität oder Behinderung?


„Das Leben ist geil und macht Spass“
Einen nachhaltigen Einblick in die Erfahrungen eines Behindertensportlers gab der Kabarettist und Buchautor Rainer Schmidt am Samstagmorgen. Dem mehrmaligen Welt- und Europameister im Tischtennis, Paralympics-Gewinner und evangelischer Theologe fehlen von Geburt an beide Unterarme, nur am linken Oberarm sitzt ein kleiner Daumenansatz. Auch sein rechtes Bein ist verkürzt. In seinem unterhaltsamen und lebhaften Vortrag reflektierte er interessante Geschichten aus seinem Leben und nannte den Sport als einen Glücksfall für alle. Zu seinem persönlichen Glücksfall zählt Rainer Schmidt, dass „ich als 12-Jähriger in einen Tischtennis-Verein gekommen bin, in dem ich herzlich willkommen geheißen wurde und die sich Gedanken darüber gemacht haben, wie ich mit meiner Behinderung beim Tischtennis mitmachen konnte. Ich hatte viele Erfolgserlebnisse, die mich selber stark gemacht haben“. Und auf die Frage, was er beim Sportgelernt habe - außer Tischtennis spielen – antwortet er: „Dass das Leben geil ist und Spass macht.“

„Wir sind doch offen für alle – aber die kommen ja nicht!“
Um der Vielfalt gerecht zu werden, konnten die jungen Menschen sich gleich aus 15 verschiedenen Workshops jeweils drei heraussuchen. Sebastian Finke vom Kompetenzzentrum Integration und Inklusion des Landessportbundes behandelte zum Beispiel die Problematik aus Sicht der Sportvereine: „In Gesprächen mit Vereinsvertretern zum Thema Integration von Menschen mit Migrationshintergrund im Sport höre ich immer wieder Aussagen wie „Wir sind doch offen für alle, aber die kommen ja nicht.“ Offensichtlich gibt es nach wie vor Zugangsbarrieren zum Sportverein, die Menschen mit Migrationshintergrund den Weg in unsere Sportvereine erschweren.“ Dazu sagt die Statistik, dass rund 70% der Sportvereine in NRW Mitglieder mit Migrationshintergrund haben, der Anteil der Mitglieder mit Migrationshintergrund im Sportverein aber nur 8,5 % beträgt. Vor diesem Hintergrund diskutierten die Teilnehmenden vor allem, welche verschiedenen Zielgruppen es gibt und wie die Zugangsbarrieren zum Sportverein überwunden werden können.

„Die Flüchtlingsangebote sind proppevoll“
Ein weiterer Workshop behandelte natürlich den Beitrag des Sports zur Integration von Flüchtlingen. Hierzu berichtete Fabienne Caiazza von der „sports for europe“- Gesellschaft über deren 1. Europäischen Sport-Dialog. Dieser thematisierte über drei Tage im SportCentrum Kamen-Kaiserau den Beitrag des Sports zur Integration von Flüchtlingen in die europäischen Gesellschaften. („sports for europe“ ist eine Tochtergesellschaft des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes Westfalen.) Dabei boten die Good-Practice-Beispiele des 1. Europäischen Sport-Dialogs Anregungen für das eigene ehrenamtliche Engagement in Bezug auf die Flüchtlingsthematik.

Sowohl das Projekt „Anpfiff zur Integration“ des BV Westfalia Wickede, welches Sprach- und Fußballtraining kombiniert, als auch das Laufprojekt mit Flüchtlingen der LG Burg-Wiedenbrück und der DJK Bokel zeigten gelungene Umsetzungen aus der Vereinspraxis. Das Projekt der „Rheinflanke Köln“ verbindet Sportangebote mit sozial-kommunikativen Lernerfahrungen. Diskutiert wurde auch die jeweilige Situation in den Kommunen und wie ein Sportverein damit umgeht. Dazu Jürgen Schütt von der Sportjugend Bonn, hauptberuflich auch Geschäftsführer des Post SV Bonn: „Grundsätzlich hat sich die positive Einstellung der Bonner Sportvereine zu den Flüchtlingen nicht geändert. Jetzt ergibt sich aber das Problem, dass zunehmend Sporthallen geschlossen werden. Die Stadt Bonn hat bisher noch keine anderen Räumlichkeiten für die Aufnahme von Flüchtlingen gefunden. Wir als Verein sind davon auch betroffen, können aber immer noch Angebote für Flüchtlinge aufrechterhalten. Und die werden sehr gut angenommen, so dass wir besonders im Fußball neue Angebote schaffen müssen. Außerdem haben wir seit Kurzem einen BFD’ler aus Syrien, der uns zurzeit noch als Übersetzer den Zugang zu den Flüchtlingen ermöglicht und die Übungsleiterausbildung macht.“

Ulrich Beckmann
Fotos: Andrea Bowinkelmann

  • Die Vielfalt der Jahrestagung dokumentiert der komprimierte Rückblick
  • Zum Thema "Vielfalt im Sport" gibt es hilfreiche Links und Dateien zum Download
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