Junge Engagierte auf der Karriereleiter
Wer lenkt den Vereinssport in die Zukunft? Nur rund vier Prozent der Führungskräfte sind zwischen 19 bis 26 Jahre alt, so der letzte Sportentwicklungsbericht. Mehr als die Hälfte sind zwischen 40 und 60. Dabei bietet doch gerade er exzellente Chancen für junge Karrieren.
Nach oben kommen. Geld, Prestige, Einfluss und Macht gewinnen: Das ist der Traum so mancher junger Menschen und Triebfeder ihrer Karrieren. Aber auch Leidenschaft, Idealismus oder Betroffenheit motivieren, sich ins Zeug zu legen. Greta Thunberg würde kaum jemand Profitgier unterstellen, als sie begann, sich für den Klimaschutz zu engagieren. Ebenfalls hätte sich Luisa Neubauer, das deutsche „Gesicht“ der Fridays For Future-Bewegung, mit ihrer Tatkraft an vielen Stellen einen Namen machen können. Fakt ist: Die beiden, die wie aktuell keine anderen jungen Menschen dafür stehen, die Welt zu verändern, haben ein Anliegen.
Sieben Mal die Woche in der Halle
Umso mehr gilt das im Sport. Geld und Ruhm sind außerhalb der Spitze kaum zu ernten. So steht eine Beinahe-Namensvetterin Neubauers, Louisa Kaprolat, Vorstandsmitglied der Citybaskets Recklinghausen, als Trainerin sieben Mal die Woche in der Halle, um jugendliche Talente zu fördern – aus purer Leidenschaft. Dabei hat die 25-Jährige bei allem Idealismus sehr wohl persönliche Karriereziele. „Irgendwann möchte ich als Headcoach eine Bundesligamannschaft betreuen“, sagt sie mit dem Ehrgeiz der ehemaligen Leistungssportlerin. So einfach ist es mit dem Geld jedenfalls nicht: „Könnte ich als Trainerin meinen Lebensunterhalt so gut bestreiten wie in meinem Beruf als künftige Lehrerin, würde ich es mir überlegen.“
„Ein Großteil unseres Vorstandes besteht aus Frauen“
Es ist die Jugend, die frische Ideen bringt, Strukturen hinterfragt und auf Dauer die Zukunft des organisierten Sports sichert. Dass sie sich auf diesem Weg nicht ins gemachte Bett legen kann, gehört dazu. Für Kaprolat heißt das, geduldig Bretter zu bohren. „Ich setze mich intensiv dafür ein, dass die Frauen in meinem Verein eine stärkere Lobby bekommen“, sagt sie. Gar nicht so einfach, denn die Herren spielen erfolgreich und sind seit langem das Aushängeschild der Citybaskets. „Die alten Strukturen, die sich so gebildet haben, habe ich schon ein bisschen satt.“ Sie gibt sich kämpferisch: „Da muss man sich im Vorstand eben für die Damenmannschaften einsetzen. Es geht ja auch um Verteilung von Geldern“. Sie ist optimistisch. „Der Verein ist im Wandel und seit der letzten Jahreshauptversammlung besteht ein Großteil unseres Vorstandes aus Frauen. Das hilft.“
Machtverhältnisse ändern
Machtverhältnisse spielen eine Rolle, wenn sich Umstände wandeln sollen. Hätten nur die unter 30-Jährigen bei der Bundestagswahl gewählt, so wäre „Grün-Gelb“ mit zusammen mehr als 40 Prozent der Stimmen Sieger geworden (statt am Ende rund 25 Prozent zu erreichen). Die beiden Parteien standen in den Augen der Jungwähler für Digitalisierung und Klimaschutz, für „Fortschritt“ und „Modernisierung“. Themen, die für die Zukunft als entscheidend gelten. Bewegen diese Aspekte auch Vereinsjugendliche? „Für die meisten ist die Hauptsache, Sport zu treiben. Die große Politik interessiert sie kaum,“ beobachtet Yannis Wiele. Der 30-jährige Vorsitzende der Sportjugend im KSB Paderborn hat vor allem über die J-Teams einen guten Draht zum Denken Jugendlicher. „Ich möchte strukturell und organisatorisch etwas für Kinder und Jugendliche bewegen“, ist sein Antrieb. Er schätzt dabei das Bildungspotenzial des Sports. „Diejenigen, die sich engagieren, sind besser informiert“, sieht er, „es liegt am Sport, frühzeitig Bewusstsein zu schaffen, zum Beispiel durch Partizipation in J-Teams, auch für gesellschaftliche Themen.“
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Den gesamten Artikel „Nach oben“ von Michael Stephan lesen Sie in der nächsten „Wir im Sport“
Fotos: Andrea Bowinkelmann / Collage: Ulrich Beckmann