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Ferienfreizeiten bedeuten für die Vereine eine Menge Aufwand

| Allgemein (Sportjugend)

Lohnt sich das überhaupt?

„Ich kann ja nicht jedes Jahr das Gleiche machen. Die Aufgaben müssen immer anders sein. Deshalb gehe ich ins Internet, schaue mir Kinderspiele aus der ganzen Welt an, aus Brasilien oder Peru, und wandle die für uns ab. Und dann übe ich mit meiner Frau auf der Terrasse, ob wirklich alles funktioniert!“ Jedes Jahr ist Bernd Fiolka aufgeregt. Jedes Jahr (außer 2020 und 2021) fährt er über Pfingsten mit seinen Judo-Kindern in eine Jugendherberge nahe Kleve. „Und immer sage ich mir, das mache ich nie wieder“, lacht er. Aber ernst meint er das nicht.

Mehrwert Spaß
Bernd Fiolka leitet seit unglaublichen 43 Jahren die Judoabteilung des TGH Wetter. Seit ebenso unglaublichen 30 Jahren organisiert er für seine Judoka die Pfingstfreizeiten. „Die Fahrt entstand als Dankeschön für die Kinder, die regelmäßig zum Training kommen.“ Judo spielt in diesen Tagen allerdings keine Rolle, „das machen wir ja das ganze Jahr über.“ Stattdessen gibt es Spiel und Spaß, konkret: eine Art Schnitzeljagd durch den Wald. Zwei Tage verbringen die Teilnehmenden damit, kniffeli¬ge Aufgaben zu lösen – dieses Mal erstmals unter Zuhilfenahme von GPS-Koordinaten. „Ich habe mit meiner Frau eine Vor-Tour gemacht, ob dort im Wald überhaupt ausreichend Empfang ist. Da hat´s geklappt …“, meint Fiolka zuversichtlich.

Eingespieltes Team
35 Menschen treten die Judo-Freizeit an, Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Fast alle Kinder sind zum ersten Mal dabei. Aus Fiolkas Judo-Abteilung sind durch Corona rund 80 Prozent Kinder abgewandert. Die „Neuen“ sind frisch, sie haben durch Mund-zu-Mund-Propaganda und Flyer an Schulen zum Verein gefunden. „Ich kenne sie noch nicht gut und weiß nicht, wie belastbar sie sind. Aber das wird schon. Die Erwachsenen sind schon länger dabei, das ist ein eingespieltes Team.“

Der hohe Zeitaufwand lohnt sich
Trotz stetig perfektionierter Checklisten und erprobter Abläufe investiert Bernd Fiolka rund vier Monate in die Planung. Stressig ist das längst nicht mehr, alle funktionieren wie eine gut geölte Maschine. Dennoch bleibt ein hoher Zeitaufwand – der sich für ihn aber lohnt. „Ganz klar: Das ist Mitgliederbindung und Teambuilding“, sagt er. Die Kinder kommen immer wieder mit, solange, bis sie für eine bloße Teilnahme zu alt sind. Dann gibt es für sie die Möglichkeit, das Camp als Helfer*in zu begleiten. So war es vor Corona. Bernd Fiolka hofft, dass auch seine „Neuen“ treue Ferienfreizeitkinder werden – dass er an die alten Zeiten vor 2020 anknüpfen kann.

Mehrwert Mitgliederbindung
Chantal Jakstadt ist überzeugt: Bernd Fiolka wird auch mit seinen „neuen“ alten Ferienfreizeiten Erfolg bei seinen Judo-Kindern haben. Die LSB-Mitarbeiterin für Kinder- und Jugendverbandsarbeit begleitet seit vielen Jahren Vereine rund um ihre Ferienaktivitäten. „Vereine beschreiben die Freizeiten als absoluten Zugewinn, als Highlight“, sagt sie. Und berichtet von Teilnehmer*innen, die sich Jahre später noch erinnern, wo sie was erlebt haben. Die Begeisterung tragen die Kinder in ihre Freundeskreise. Und betreiben so nebenbei Akquise für neue Mitglieder, die ebenfalls am aktiven Vereinsleben teilhaben wollen. „Wir haben keine belastbaren Zahlen über das Mitgliederwachstum durch das Instrument Ferienfreizeit“, sagt Jakstadt. „Wir wissen aber, dass Vereine, die mit Freizeiten angefangen haben, nicht wieder aufhören.“

Der Nutzen rechtfertigt den Aufwand. Denn Vereine müssen sich heutzutage strecken, um jenseits des bloßen Sports einen Mehrwert zu bieten. Ein aktives Vereinsleben zieht – gerade in Zeiten des offenen Ganztages, in dem die Kinder ja (meist) Sport treiben können. Warum dann also noch in den Verein eintreten? „Weil Vereine mehr können als Sport“, so die LSB-Referentin. „Es entstehen Bezugsgruppen jenseits der Schule, Sport bildet – und macht coole Aktivitäten.“


Den gesamten Artikel „Lohnen sich Ferienfreizeiten?“ von Nicole Jakobs lesen Sie in der aktuellen „Wir im Sport“

Fotos: Andrea Bowinkelmann

 

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